Erben und Vererben
Wie gehst du vor, wenn ein Familienmitglied verstirbt? Der Verlust eines Menschen ist nie leicht, und die Regelung des Nachlasses stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Eine frühzeitige und durchdachte Planung kann hier vieles erleichtern. Das deutsche Erbrecht bietet verschiedene Möglichkeiten, die du kennen solltest, um deinen Nachlass zu regeln oder als Erbe Klarheit zu gewinnen.
Der Inhalt im Überblick
Erbfall: Die ersten Schritte nach einem Todesfall
Testament und Erbvertrag: Die gesetzliche Erbfolge verstehen
Testament oder Erbvertrag – welche Option passt zu dir?
Erbschaftsteuer – was musst du wissen?
Umgang mit Schulden und überschuldetem Nachlass
Die ersten Schritte nach einem Todesfall
Der Tod eines Angehörigen bringt viele organisatorische Aufgaben mit sich. Als Erbe musst du zunächst wichtige Dokumente zusammenstellen. Für die meisten behördlichen Angelegenheiten benötigst du die Sterbeurkunde. Zudem solltest du prüfen, ob ein Testament existiert. Ist dies der Fall, wird es beim Nachlassgericht eröffnet.
Erbschein beantragen beim Nachlassgericht
Ein zentrales Dokument ist der Erbschein, der dich als rechtmäßigen Erben ausweist. Diesen beantragst du beim Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Für den Antrag brauchst du:
- Personalausweis oder Reisepass
- Sterbeurkunde des Erblassers
- Nachweise der Verwandtschaft (z. B. Geburtsurkunden)
- Bei Ehepartnern: Heiratsurkunde und Angaben zum Güterstand
- Testament oder Erbvertrag, falls vorhanden
Der Erbschein wird nur auf Antrag erteilt (§ 2353 BGB) und ist für viele Rechtsgeschäfte unerlässlich – etwa für die Übertragung von Immobilien oder die Auflösung von Bankkonten. Eine frühzeitige Beantragung ist sinnvoll, da die Bearbeitungszeit mehrere Monate dauern kann.
Beachte die Dreimonatsfrist für die Anzeige der Erbschaft beim Finanzamt. Innerhalb dieser Zeit musst du die Erbschaft melden – unabhängig davon, ob später Erbschaftsteuer anfällt oder nicht.
Gebühren für den Erbschein
Die Kosten für einen Erbschein richten sich nach dem Wert des Nachlasses und können je nach Komplexität variieren. In manchen Fällen, etwa bei der Umschreibung von Grundbucheinträgen, kann auch ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag den Erbschein ersetzen.
Erbannahme und Ausschlagung
Neben der Beantragung des Erbscheins und der Meldung beim Finanzamt solltest du weitere wichtige Aufgaben erledigen. Dazu gehören die Information von Banken und Versicherungen über den Todesfall, die Erstellung eines detaillierten Nachlassverzeichnisses sowie die Prüfung der Frist zur Ausschlagung der Erbschaft, falls der Nachlass überschuldet sein könnte. Die Ausschlagungsfrist beträgt in der Regel sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls.
Testament und Erbvertrag
Ohne Testament oder Erbvertrag greift die gesetzliche Erbfolge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Diese folgt einem klaren System:
| Ordnung | Erben | Erbanteil |
| 1. Ordnung | Kinder, Enkel, Urenkel | Gleiche Anteile pro Stamm |
| 2. Ordnung | Eltern, Geschwister, Nichten/Neffen | Nach Stämmen |
| 3. Ordnung | Großeltern, Onkel/Tanten, Cousins | Nach Stämmen |
Verwandte einer höheren Ordnung schließen die nachfolgenden Ordnungen aus. Etwa zwei Drittel der Deutschen besitzen kein Testament und fallen daher unter diese Regelung.
Erbfall ohne Testament
Wenn du keine Kinder hast, erben zunächst deine Eltern. Lebt nur noch ein Elternteil, erben deine Geschwister den Anteil des verstorbenen Elternteils. Ehepartner haben unabhängig von dieser Ordnung ein gesetzliches Erbrecht, dessen Höhe vom Güterstand abhängt.
Welche Option passt zu dir?
Du kannst die gesetzliche Erbfolge durch ein Testament oder einen Erbvertrag ändern. Die Unterschiede sind wesentlich:
- Testament:
Eine einseitige Verfügung, die du jederzeit ändern oder widerrufen kannst (§§ 2064 ff. BGB). Es kann handschriftlich erstellt werden. - Erbvertrag:
Eine notariell beurkundete, bindende Vereinbarung (§ 2274 BGB). Anders als beim Testament kannst du einen Erbvertrag nicht einseitig widerrufen.
Die Testierfreiheit erlaubt dir grundsätzlich, frei über deinen Nachlass zu verfügen. Dennoch gibt es Einschränkungen wie den Pflichtteil für nahe Angehörige, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
Was musst du wissen?
Die Erbschaftsteuer fällt an, wenn das geerbte Vermögen bestimmte Freibeträge überschreitet. Diese Freibeträge richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad. Folgende Werte richten sich nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (§ 16 und § 17), Stand 2025:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner:
500.000 Euro - Kinder:
400.000 Euro - Enkelkinder:
200.000 Euro (bei lebenden Eltern) oder 400.000 Euro (bei verstorbenen Eltern) - Eltern und Großeltern:
100.000 Euro - Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern:
20.000 Euro
Zusätzlich gibt es einen Versorgungsfreibetrag für Ehepartner (256.000 Euro) und Kinder (je nach Alter zwischen 10.300 und 52.000 Euro).
Die Berechnung erfolgt nach dieser Formel:
Wert des geerbten Vermögens – persönlicher Freibetrag = steuerpflichtiger Betrag.
Auf den steuerpflichtigen Betrag wird dann der jeweilige Steuersatz angewendet, der von der Steuerklasse und der Höhe des Betrags abhängt.
Eine Besonderheit:
Das selbst genutzte Familienheim kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei bleiben, wenn es vom Ehepartner oder Kind mindestens zehn Jahre lang selbst bewohnt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c/d ErbStG).
Umgang mit Schulden und überschuldetem Nachlass
Erben treten nicht nur in die Rechte, sondern auch in die Pflichten des Verstorbenen ein. Ist der Nachlass überschuldet, besteht die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Dies muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls geschehen. Alternativ kann eine Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt werden, um die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
Digitaler Nachlass und weitere Besonderheiten
Neben dem materiellen Nachlass gibt es heute auch den digitalen Nachlass. Deine Online-Konten, digitalen Abonnements und in der Cloud gespeicherten Daten gehören dazu. Es ist ratsam, für diese Bereiche Vorkehrungen zu treffen.
Bei internationalen Bezügen kann zudem ausländisches Erbrecht relevant werden. Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) regelt, welches Recht in grenzüberschreitenden Erbfällen anzuwenden ist.
Nachlassplanung: Unternehmensnachfolge und Schenkungen
Auch die Unternehmensnachfolge oder die Regelung besonderer Vermögenswerte wie bspw. Aktien erfordert eine spezialisierte Planung, um den Fortbestand und die Werte zu sichern. Eine weitere Möglichkeit der Nachlassgestaltung sind Schenkungen zu Lebzeiten. Diese können dazu dienen, Vermögen frühzeitig zu übertragen und gegebenenfalls Erbschaftsteuerfreibeträge mehrfach zu nutzen.
Häufige Fragen zum Erbfall
Ohne Testament tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Je nach Verwandtschaftsgrad erben zunächst deine Kinder und dein Ehepartner, danach Eltern und Geschwister, anschließend Großeltern und deren Nachkommen.
Bei der gesetzlichen Erbfolge erben Kinder zu gleichen Teilen. Ist ein Kind bereits verstorben, treten seine Nachkommen an seine Stelle. Ehepartner erben neben Verwandten erster Ordnung ein Viertel, neben Verwandten zweiter Ordnung die Hälfte.
Nach einem Todesfall solltest du zunächst die Sterbeurkunde besorgen und prüfen, ob ein Testament existiert. Anschließend musst du den Nachlass erfassen, einen Erbschein beantragen und die Erbschaft innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anmelden.
Die Höhe der Erbschaftsteuer hängt vom Verwandtschaftsgrad und dem Wert des Erbes ab. Sie liegt zwischen 7 % und 50 % des steuerpflichtigen Betrags. Bestimmte Freibeträge können die Steuerlast reduzieren oder ganz entfallen lassen.
Erben müssen die Kosten für die Bestattung, die Nachlassabwicklung (z. B. Erbschein, Notar), eventuelle Nachlassverbindlichkeiten (Schulden des Verstorbenen) und gegebenenfalls die Erbschaftsteuer tragen.
Die gesetzliche Erbfolge sieht eine klare Reihenfolge vor: Zuerst erben Kinder und Ehepartner, dann Eltern und Geschwister, danach Großeltern und deren Abkömmlinge. Verwandte einer höheren Ordnung schließen die nachfolgenden Ordnungen aus.
Die Erbschaftsteuer für ein selbst genutztes Familienheim kann entfallen, wenn der überlebende Ehepartner oder ein Kind die Immobilie für mindestens zehn Jahre selbst bewohnt. Für Kinder gelten zusätzliche Größenbeschränkungen.
Der Erbfall tritt mit dem Tod einer Person ein. In diesem Moment geht das Vermögen des Verstorbenen als Ganzes auf die Erben über.

Professionelle Beratung nutzen
Der Erbfall ist ein komplexes Thema mit vielen rechtlichen, steuerlichen und persönlichen Aspekten. Eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist wichtiger Bestandteil der Familienvorsorge und kann spätere Konflikte vermeiden und sicherstellen, dass dein letzter Wille respektiert wird.
Denke daran: Die richtige Beratung kann in dieser sensiblen Angelegenheit entscheidend sein. Finanzberaterinnen oder Finanzberater der OVB können dich dabei unterstützen, eine maßgeschneiderte Lösung für deine persönliche Situation zu finden. Vereinbare heute einen Termin und schaffe Klarheit für dich und deine Angehörigen.