Das leidige Thema Leitzins – Die EZB und ihre Geldpolitik

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Der Leitzins im Euroraum bleibt unverändert bei 0,0 Prozent. Der Leitzins im Euroraum bleibt unverändert bei 0,0 Prozent.

Mitte Juni verkündete die europäische Zentralbank, dass sie den Leitzins im Euroraum weiterhin auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen wird. Vor Sommer 2019 ist keine Änderung in Sicht.1 Mit dieser lockeren Geldpolitik will der EZB-Rat um Präsident Mario Draghi schon seit 2016 die Inflation in der Eurozone ankurbeln. Aber Moment mal – hieß es früher in der Schule nicht immer, Inflation sei etwas Schlechtes?

Inflation bedeutet, dass im Durchschnitt alle Güterpreise steigen. Klingt erst einmal nach einem schlechten Deal, ein Euro ist dadurch nämlich weniger wert.2 Doch Inflation kann das Wirtschaftswachstum auch fördern. In der Erwartung, dass die Preise weiter steigen werden, investieren Unternehmen ihr Geld lieber sofort. Dadurch steigern sie ihre Umsätze und schaffen mehr Jobs. Gleichzeitig fordern Gewerkschaften höhere Löhne, um den Wertverfall des Euros auszugleichen. Beides führt zu einem erhöhten Konsum der Verbraucher, die Preise steigen weiter und Unternehmen machen noch höhere Umsätze. Es entsteht eine Aufwärtsspirale Richtung Wachstum – so jedenfalls die Theorie. Ein gewisses Maß an Inflation ist also gut für die Wirtschaft. Die Aufgabe der EZB ist hierbei, die Preisstabilität zu wahren und eine Hyperinflation zu vermeiden.3 Davon spricht man, wenn sich das Preisniveau sehr schnell erhöht, wie es nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland der Fall war. Damals stiegen die Preise so rasant, dass die Menschen in Bündeln statt Scheinen rechneten und Geld in Schubkarren transportierten. 1923 wurde deswegen eine neue Währung eingeführt.4

Die Waffen der EZB

Um die erwünscht moderate Preissteigerung herbeizuführen, stehen der EZB einige Instrumente zur Verfügung. Das wichtigste ist der sogenannte Leitzins. Leihen sich Banken Geld von der EZB, müssen sie dieses zum Leitzinssatz zurückzahlen. Weil der Zins momentan bei 0,0 Prozent liegt, bekommen die Banken das Geld quasi umsonst. Die günstigen Konditionen geben sie wiederum an ihre Kunden weiter. Deswegen lassen sich Kredite für Immobilien, Autos oder andere Wertgegenstände momentan zu einem sehr niedrigen Zinssatz finanzieren. Verbraucher und Unternehmen werden so dazu animiert, mehr Kredite aufzunehmen und mehr Geld auszugeben. Wird mehr Geld ausgegeben, steigt die Nachfrage und mit ihr wiederum die Preise. Ein weiterer Anreiz für Banken, günstige Kredite zu vertreiben, ist der „Satz der Einlagefazilität“. Dieser sperrige Begriff wird auch Strafzins der EZB genannt und liegt zurzeit bei hohen 0,4 Prozent.Banken sind dazu verpflichtet, Geld das an einem Geschäftstag nicht ausgegeben oder verliehen wird, über Nacht bei der EZB zu parken. Dafür müssen sie dann den Strafzins zahlen. Für Banken ist es also besser, wenn – abgesehen von den benötigten Sicherheiten – am Ende des Tages nicht allzu viel Geld übrig bleibt.   

Ein zweischneidiges Schwert

Der niedrige Leitzins hat aber auch seine negativen Seiten. Zum einen bringt es kaum noch etwas, sein Geld auf das altbewährte Sparbuch einzuzahlen. Da Banken billiges Geld von der EZB bekommen, sind sie nicht auf die Ersparnisse ihrer Kunden angewiesen. Deswegen bekommen Sparer kaum noch Zinsen. Gleichzeitig bedeutet Inflation, dass gespartes Geld langfristig gesehen weniger wert sein wird. Logisch, die EZB will ja auch, dass wir unser Geld ausgeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Außerdem verleitet die Kombination aus niedrigem Leitzins und hohem Strafzins die Banken dazu, eine große Menge an Krediten zu vergeben, um genügend Geld zu verdienen. Das birgt die Gefahr einer Spekulationsblase, so wie es vor 10 Jahren in Amerika der Fall war. Banken verscherbelten dort Immobilienkredite, in der Hoffnung, dass die Preise für Häuser und Wohnungen weiter steigen würden. Variable Zinssätze und unzureichende Backgroundchecks führten allerdings dazu, dass viele Kunden ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Es kam zu Zwangsversteigerungen, die Immobilienpreise sanken und die Blase platzte. Einige Experten warnen bereits vor einer Wiederholung dieser Praktiken im Euroraum.

Was bringt die Zukunft?

Die Inflationsrate der europäischen Union liegt mittlerweile wieder im Zielbereich der EZB und auch die Arbeitsmarktzahlen sprechen dafür, dass die EZB ihre Geldpolitik bald wieder normalisieren wird. Die anhaltende Überschuldung einiger Euro-Staaten sowie drohende Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten werfen allerdings Zweifel auf.5 Wie erwartet verkündete die EZB deswegen, dass mit einer Zinserhöhung frühestens im Sommer 2019 zu rechnen ist.

1 ecb.europa.eu
2 ecb.europa.eu
3 investorenausbildung.de
4 planet-wissen.de
5 welt.de

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